Ernährungssicherheit, Klimaschutz und Biodiversität
02.12.2024

Ernährungssicherheit, Klimaschutz und Biodiversität

Eingeladen hatten das Heinrich Pesch Haus, die Akademie „Erbacher Hof“ des Bistums Mainz und das Zentrum für gesellschaftliche Verantwortung (ZGV) der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau.

Das Interesse am Workshop war groß – rund 40 Personen aus ganz Deutschland, darunter viele Expert*innen aus Landwirtschaft, Verbänden und Wissenschaft, nahmen teil und beteiligten sich rege an der Diskussion. Zunächst stellte Dr. Stefan Einsiedel, Mitautor der Studie vom Zentrum für Globale Fragen der Hochschule für Philosophie München, die im September 2024 veröffentlichte Studie und ihre Genese vor. Der Ausgangspunkt der Studie der Sachverständigengruppe „Weltwirtschaft und Sozialethik“ der DBK, so Einsiedel, seien die vielfältigen Nutzungskonflikte rund um das knappe Gemeingut Boden gewesen. Diese umfassen Klimaschutz, den Schutz der Ökosysteme, Ernährungssicherheit und Bodenverluste.

Soziale und ökologische Fragen gemeinsam denken

„Viel zu lange sind soziale und ökologische Fragen gegeneinander ausgespielt worden. Wir müssen sie zukünftig gemeinsam denken. Wichtig ist: Wie sieht es mit der sozialen Gerechtigkeit aus“, sagte Stefan Einsiedel. So geht die Studie der Frage nach, wie eine zukunftsfähige Landwirtschaft aussehen kann, die gute Ernährung, faire Preise und ökologische Faktoren gleichermaßen sicherstellt. Die Entwicklung müsse hier vom „verengten Effizienzbegriff“, der sich nur auf den Ertrag pro Hektar und den Gewinn konzentriere, zur „Gemeinwohl-Effizienz“ gehen.  „Wenn wir eine steigende Weltbevölkerung ernähren wollen, ist das nur möglich, wenn wir eine moderne und standortorientierte Landwirtschaft haben“, führte der Referent aus.

Die Studie entwickelte dafür zukunftsfähige Leitbilder, die eine zukunftsfähige Landnutzung ermöglichen. Zu den Leitbildern gehören eine menschenrechtliche Fundierung und ein angemessenes Freiheits- und Rechtsverständnis, die gemeinwohlorientierte Anreizstrukturen und Teilhabe wie auch kulturelle Anerkennung befördern. „Wir müssen neue Anreizstrukturen schaffen und den sozialen Ausgleich mitdenken“, betonte Einsiedel.

Gesunde Böden als Basis

Eine Einordnung der Studie aus agrarökologischer Sicht nahm anschließend Dr. Maren Heincke vor. Sie machte deutlich, dass gesunde Böden die Basis für zahlreiche Funktionen unserer Ökosysteme sind, die auf vielfältige Weise miteinander verbunden sind. Daher sollten wir Menschen eigentlich ein großes Interesse daran haben, Böden nicht nur kurzfristig und intensiv zu bewirtschaften, sondern immer auch eine langfristige Perspektive im Sinne sogenannter Mehrgewinn-Strategien bedenken sollten. So liefert der aktuelle Bodenatlas 2024 zahlreiche Ansätze für eine gesunde Bodennutzung: dazu gehören z.B. der Anbau von Deckfrüchten oder das Pflanzen von Bäumen im Ackerland.

Anschließend konnten sich die Teilnehmer*innen in Kleingruppen zu drei konkreten Handlungsfeldern austauschen, die in der Studie für eine ethische und ökologische Landnutzungswende vorgeschlagen werden: So stieß ein politischer Paradigmenwechsel hin zu einer stärker gemeinwohlorientierten Ordnungspolitik auf große Zustimmung, dessen konkrete Umsetzung aber viel politischen Willen benötige. Einige Bistümer und Landeskirchen sind hier bereits aktiv und achten bei der Vergabe von Pachtflächen auf gemeinwohlorientiere Kriterien. Eine andere Kleingruppe hob den Anteil von Bildungsarbeit hervor und verwies darauf, dass zahlreiche alltägliche Praktiken im Bereich Ernährung tief verwurzelt sind und gezielt verlernt werden müssen, um einen Wandel zu erreichen.

Mehr Aufklärungsarbeit nötig

Am Ende der Veranstaltung waren sich Referent*innen und Teilnehmer*innen größtenteils einig, dass es mehr Aufklärungsarbeit und gesellschaftliches Verständnis über die Rolle gesunder Böden braucht. Die vorgestellte Studie hat dazu wichtige Anstöße geliefert und sollte in Politik, Praxis und Gesellschaft unvoreingenommen und multiperspektivisch diskutiert werden. Die ökumenisch organisierte Veranstaltung konnte einen Beitrag dazu leisten, den geforderten Dialog der „Akteure des Wandels“ zum Thema Ernährungsweisen und Landnutzung zu unterstützen. (Dr. Anette Konrad/Alexander Mack)

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