Veränderungen im ökumenischen Miteinander auf der Spur
01.06.2022

Veränderungen im ökumenischen Miteinander auf der Spur

Forum Katholische Akademie: Vertreterinnen von katholischer, evangelischer und alt-katholischer Kirche im Austausch über verschiedene Perspektiven auf die Ökumene

Die Tübinger Professorin für Dogmatik, Dogmengeschichte und Ökumenische Theologie Johanna Rahner ging in einem Impulsvortrag auf Veränderungen im ökumenischen Miteinander ein. Sie beobachtet, dass die Unterschiede der Konfessionen inzwischen stärker geschätzt werden. Pluralität werde in zunehmendem Maß nicht mehr als „zu überwindendes Übel, sondern als zu bewahrendes Gut“ verstanden. Statt um Einheit gehe es heute mehr um „versöhnte Verschiedenheit“. Als weitere Veränderung wies sie darauf hin, dass im ökumenischen Dialog die christliche Ethik gegenüber dogmatischen Fragen an Bedeutung gewonnen habe.

Rahner sprach von den 1970er-Jahren als dem „goldenen Zeitalter“ der ökumenischen Bewegung, ermöglicht durch ähnlich verlaufende Perspektivwechsel in beiden großen Kirchen. „Dieser Perspektivwechsel führt weg von der Frage, wer oder was Kirche ist, und hin zu der Frage, wo Kirche in einer sich globalisierenden und pluralisierenden Welt ihren Ort findet.“ Desweiteren stellte Rahner die inhaltlichen Schwerpunkte der Vollversammlung des Ökumenischen Rats der Kirchen vor, der vom 31. August bis zum 8. September in Karlsruhe tagt.

Podiumsdiskussion beleuchtet Erfahrungen und Entwicklungen in der Ökumene

In der anschließenden Podiumsdiskussion, moderiert von Ulrike Gentner, Direktorin Bildung des Heinrich Pesch Hauses, wies Dorothee Wüst, Kirchenpräsidentin der Evangelischen Kirche der Pfalz, auf veränderte gesellschaftlichen Rahmenbedingungen hin: „Wir brauchen den Schulterschluss zwischen den Konfessionen, sonst machen wir in dieser Gesellschaft keinen Stich mehr.“ Immer mehr seien Sozialisierung und Heimatgefühl anstelle unterschiedlicher Lehrmeinungen ausschlaggebend dafür, in welcher Kirche Menschen andocken können. Das ökumenische Miteinander in der Pfalz sei von dem Wunsch bestimmt, sich gegenseitig zu unterstützen. Gleichzeitig warb Wüst dafür, im ökumenischen Dialog die Diskursfähigkeit zu erhalten und das Ringen um die Wahrheit nicht auszuklammern.

Sabine Clasani, Pfarrerin der Alt-Katholischen Gemeinde Mannheim und Vorstand in der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen (ACK) in Mannheim, sprach kritisch an, dass es für kleinere Kirchen oft schwierig sei, in der Ökumene wahrgenommen zu werden. Ihrer Beobachtung zufolge sind die Gläubigen in den vergangenen Jahren flexibler geworden: „Man geht dorthin, wo man sich besonders angesprochen fühlt und das findet, was einem gut tut.“ Für sie sei weniger das Zusammenwachsen verschiedener Konfessionen ein Thema als vielmehr die Frage, wo Kirche in der Lebenswelt der Menschen heute überhaupt noch vorkomme. Sie warb für Akzeptanz, dass „andere Konfessionen anders sind“, jedoch im Bewusstsein, „dass wir im Wesentlichen übereinstimmen“. In den Fragen der Veranstaltungsteilnehmerinnen und –teilnehmer zeigte sich ein hohes Interesse, Näheres zur alt-katholischen Kirche, ihrer Geschichte und ihrem Profil zu erfahren.

Johanna Rahner wies in der Podiumsdiskussion daraufhin, dass in allen Kirchen das Bewusstsein für die Ungleichzeitigkeit von Kulturen und Entwicklungen im globalen Kontext gewachsen ist: „Das zeigt sich im Ökumenischen Rat der Kirchen, aber auch bei katholischen Diskussionen auf der Ebene der Weltkirche. Es könne nur in ökumenischer Verständigung gelingen, dass Glaube und Kirche im Nahbereich der Menschen präsent bleiben.

Bildunterschrift: Im Gespräch über ihre Perspektiven auf die Ökumene (von links): Dorothee Wüst, Ulrike Gentner, Johanna Rahner und Sabine Clasani. 

Bild und Text: Pressestelle Bistum Speyer

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