Auf der Bühne: Monika Kleebauer und Miriam Grimm. Zwei Frauen, zwei Körper, zwei Leben – und zugleich Repräsentantinnen vieler Stimmen. Denn das Stück entstand aus einer intensiven Recherche, bei der Frauen unterschiedlichster Hintergründe zum Thema „Älterwerden“ befragt wurden. „Sie haben uns ihre Geschichten geschenkt“, sagte Miriam Grimm. Die Erfahrungen, Gedanken und Gefühle der Frauen flossen in das Stück ein – teils dokumentarisch, teils künstlerisch verdichtet. Und auch die Meinungen der rund 150 Zuschauer*innen zum Älterwerden banden die Schauspielerinnen in die Aufführung mit ein.
Miriam Grimm und Monika Kleebauer erzählten mit „Zwei Frauen falten sich“ keine klassische Geschichte, sondern thematisierten gesellschaftliche Erwartungen, Altersarmut, Körperbilder und gesundheitliche Probleme, die das Alter bzw. Älterwerden mit sich bringen. Dazu gehörten – natürlich – die Falten, die besungen wurden, ebenso wie Vergesslichkeit und Demenz. Oder die Oberarme, „der Seismograph des Alters“. Aber auch vor Tabu-Themen wie Inkontinenz, Wechseljahre, Sexualität und Lust im Alter machten sie nicht halt.
Dies machten Grimm und Kleebauer mal herrlich sarkastisch, mal berührend leise und nachdenklich und – trotz der Tiefe des Themas – auch mit viel Humor und Augenzwinkern. Immer wieder blitzte Ironie auf, entstand Situationskomik, die das Publikum zum Schmunzeln brachte. Die Darstellerinnen bewegten sich zwischen choreografierten Szenen und offenen Momenten; Improvisation traf auf präzise gesetzte Passagen.
Das Stück lebte von seinem Rhythmus: Mal temporeich im Schlagabtausch, mal voller Lebenslust beim Tanzen, mal still und brüchig in Momenten des Erinnerns. Die Falten, von denen der Titel spricht, waren dabei nicht nur äußere Zeichen des Älterwerdens, sondern auch Metaphern für gelebtes Leben, gebrochene Erwartungen und gereifte Einsichten. Das minimalistische Bühnenbild ließ viel Raum für die Fantasie des Publikums.
Bei allen Beschwernissen und Problemen, die das Alter(n) so mit sich bringen mag, stand am Ende dann doch eine versöhnliche Botschaft: Lebe deinen eigenen Traum, was die Schauspielerinnen singend und tanzend mit „Du bist die Dancing Queen … immer bereit zu fliegen“ zum Ausdruck brachten.
Die Veranstaltung fand in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz und dem Heinrich Pesch Haus statt. „In die gesellschaftliche Debatte über Generationenbeziehungen gehört das Thema Geschlecht unbedingt hinein. Denn nicht nur jede Generation hat spezifische, sich verändernde Bedarfe, sondern auch Frauen und Männer durchleben unterschiedliche Phasen und sind von strukturellen Gegebenheiten betroffen, die besondere Berücksichtigung erfahren sollten. Langsam wird dies auch für die Politik zum Thema. Das Chawwerusch-Theater hat ein extrem feines Gespür für solch gesellschaftlich relevante Themen und hat sich auch mit diesem Thema – Frauen und Alter(n) – wieder einmal mit vollem Körpereinsatz in die Debatte eingebracht“, sagte Dr. Sarah Scholl-Schneider, stellvertretende Direktorin der Landeszentrale.
„Denn Beginn und Dauer des Alters sind keine festen Größen – sie hängen von historisch wandelbaren, soziokulturellen Faktoren ab und unterliegen individuellen wie gesellschaftlichen Bewertungen, physiologisch wie psychologisch. Doch immer mehr Frauen nutzen diese Lebensphase, um gesellschaftliche Normen zu hinterfragen und sich neue Freiräume zu schaffen. Diese Themen wurden künstlerisch facettenreich vom Chawwerusch-Theater gestaltet – und fanden ein begeistertes Publikum“, fasst Ulrike Gentner, Direktorin für Bildung im HPH, zusammen.